Generell ist es natürlich gut, wenn man verschuldeten Menschen die Möglichkeit gibt, schon nach drei statt bisher sechs Jahren ein Leben ohne Gläubiger und Schulden zu führen. Wie das fmm-magazin informiert, hat der Schuldner nun die Möglichkeit, ein Viertel der Schulden plus die Kosten des Verfahrens innerhalb dieser Zeit abzubezahlen. Das ist natürlich eine Frage, wie hoch die Gesamtschulden sind!
Da ich selber noch in der (sechsjährigen) Insolvenz stecke, vermute ich dass die Höhe der Schulden bei einer Privatinsolvenz durchschnittlich so meinen über 30.000 Euro entsprechen und so hätte ich zur “Halbzeit” knappe zehntausend Euro entrichten müssen, um dann jetzt raus aus den Schulden zu sein. Denn 25% sind je nach den Verhältnismäßigkeiten nicht unbedingt wenig, was ja auch durchaus Sinn macht.
Ich fühle mich aber mit den sechs Jahren deutlich wohler, weil ich so nicht nur Zeit habe, einiges Geld zurückzubezahlen, sondern auch insbesondere in den ersten Jahren über mein Verhalten und mein Verhältnis zum Thema finanzielle Verpflichtungen mal nachzudenken und mein Leben zu ändern. Die drei Jahre könnten dazu verführen, das alles zu locker anzugehen: Das Viertel und die Kosten für das Verfahren schnell irgendwo her besorgen und man ist aus der Pleite.
Andererseits sind auch viele unverschuldet in einen finanziellen Strudel geraten, aus dem sie nur schwer wieder hinauskommen und auch während der sechs Jahre kaum Chancen haben werden, auch nur ansatzweise alles zu begleichen. Daher und auch um einen Insolvenztourismus zu verhindern ist diese neue Regelung eine gute Alternative – wie gesagt, wenn man zu dem Personenkreis gehört, bei dem es nützt.
Mit dem Schuldenschnitt um 75 Prozent wäre man wieder voll geschäftsfähig und man soll wieder schneller als Konsument und/oder Unternehmer tätig sein können. Mir aber hat auch geholfen, während der Insolvenz bzw. der Wohlverhaltensphase mich einzuschränken, Verlockungen zu widerstehen und das Geld besser einzuteilen bzw. mit Hilfe eines Haushaltsplanes einen besseren Überblick über monatliche Ausgaben und Kosten zu haben und mir dennoch zwischendurch die eine oder andere Kleinigkeit leisten zu können.
Es gibt also für die neue Variante Pro- und Contra-Argumente:
Pro |
Contra |
Schnellere finanzielle Freiheit | Ausbreitung der Schuldenmentalität |
Überschaubare Tilgung möglich | Zeit für wirkliche Umstellung zu kurz |
Gläubiger haben mehr Rechte | Neuer finanzieller Aufwand nötig! |
5jähr. Verkürzung bei Komplettzahlg. | Mehr als 25% erwarten Gläubiger kaum |
Schuldenschnitt bis 75 % | verführt zu neuen Schulden |
So profitieren beide Seiten von der neuen Regelung, Schuldnerberatungsstellen werden nicht so viel beansprucht durch das Unterbleiben außergerichtlicher Einigungsversuche und das Beenden der gesamten Verbraucherinsolvenz wird vereinfacht und kann flexibler gestaltet werden. Bei mir ist es auch nicht mehr so lange hin bis zum Ende und ich konnte mich trotzdem in der Zeit meiner beruflichen Selbständigkeit entfalten und jetzt im Rahmen einer Festanstellung zahle ich die pfändbare Summe anteilig meines Netto laut der Bekanntmachung zu §850c der Zivilprozessordnung Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2011. ACHTUNG! Ab 01. Juli 2013 gilt eine neue gesetzliche Pfändungstabelle, der Link dorthin ist hier:
Pfändungstabelle 2013 (veröffentlicht von Schuldnerberatung Kanzlei Grundmann)